Meine Nachbarn wissen: Ich bin ein bisschen autoverrückt.
Der eine oder andere hat schon auf dem Beifahrersitz gesessen – und haben mir auch geholfen, ein Zwischenquartier für meine Fahrzeuge zu finden, bis der Hallenumbau fertig ist.
Vor kurzem sprach mich mein Nachbar Christoph an. Er überlegte, sich ein Auto zu kaufen, war sich aber unsicher – vor allem wegen der Zulassung in Deutschland. Als er mir sagte, um welches Auto es geht, wusste ich sofort: Das könnte spannend werden.
Montlhéry, Steilkurven und Schokolade
Morgan 3 Wheeler – Diese Fahrzeuge haben eine lange Historie, und wer sie einmal in Montlhéry auf der Steilbahnkurve gesehen hat, vergisst das nie. Keine andere Truppe fährt dort so spektakulär.
Vor vielen Jahren hat Morgan eine Neuauflage auf den Markt gebracht. Ich stand damals davor wie ein Kind vor dem Schokoladenladen – schwer am Überlegen, ob ich mir so ein Teil zulegen sollte. Ich tat es nicht.
Gut, dass Christoph das jetzt gemacht hat. Ab sofort haben wir in unserer Straße einen Morgan 3 Wheeler!
Zwischendurch ein bisschen Morgan-Wissen
Der Morgan 3 Wheeler ist kein „normales“ Auto, sondern ein echtes Stück rollende Geschichte:
Er geht zurück auf Morgans erste Dreiräder von 1909, die damals als „Cyclecars“ bekannt waren. Die Neuauflage von 2011 hatt einen 2-Liter S&S V-Twin mit rund 115 PS, gekoppelt an ein 5-Gang-Getriebe aus dem Mazda MX-5. Gewicht? Nur etwa 500 Kilo – von 0 auf 100 km/h in unter 5 Sekunden. Fahrgefühl? Eine Mischung aus Motorrad und Roadster – offenes Cockpit, Motor im Bug, jede Fahrt ein kleines Abenteuer. 2022 kam eine neue Generation mit Ford-Dreizylinder – aber der V-Twin bleibt für viele das Herzstück des „echten“ 3 Wheeler.
Wer so etwas in der Garage stehen hat, besitzt nicht einfach ein Fahrzeug – sondern eine fahrende Zeitmaschine, die an jeder Ecke sicherlich erstaunte Blicke erntet.
Ein Brite mit Rechtslenkung und österreichischer Vorgeschichte
Christophs Morgan gehört zur ersten Serie – und er ist sogar rechtgelenkt. Verkauft hat ihn ein ausgesprochen netter Österreicher, der das Auto damals in England gekauft und auf eigener Achse nach Hause gefahren hat.
Das Teil sieht nicht nur sensationell aus – es klingt auch so. Wer schon mal einen 3 Wheeler im Leerlauf brabbeln gehört hat, weiß, dass man dabei automatisch grinsen muss (Gespräche sind allerdings nicht mehr möglich!).
Abfahrt Samstag 9 Uhr – mit langem Hänger und kleinem Nervenkitzel
Da ich einen Hänger besitze, war klar: Ich fahre mit, um das Fahrzeug zu holen. Um 9 Uhr ging’s los. Wir hatten uns vorher auf der Karte die Straße am Zielort angesehen – eine Sackgasse. Und mein Hänger ist lang und hoch, Wenden ist also kein Kindergarten.
Zur Sicherheit sind wir die Straße zu Fuß abgegangen. „Das geht schon“, dachten wir. Am geplanten Wendepunkt war’s mir dann doch zu eng. Also drehte ich zwischen zwei anderen Grundstücken und stellte den Hänger Richtung Ausgang.

Breit, breiter, Morgan
Eine Sorge war, ob das Auto zu hoch für meinen Hänger wäre – wegen des Regalsystems darin und dem Überrollbügeln des Morgan. Das war dann allerdings kein Problem. Das eigentliche Thema (zu meinem erstaunen) – die Breite auf der Vorderachse.
Nach Übergabe der Papiere, einer Einweisung, netten Gesprächen und natürlich Kaffee ging’s ans Aufladen. Christoph hatte eine dritte Rampe mitgebracht, denn normalerweise brauche ich nur zwei. Schon beim Ansetzen war klar: Das wird kein „drauffahren und fertig“.
Rechts und links waren vielleicht fünf Zentimeter Luft – und die auch nur, wenn man wirklich gerade drauf fährt. Christoph stand an der Seite, hielt zwar respektvollen Abstand zum Geschehen, gab aber aus sicherer Distanz millimetergenaue Anweisungen: „Noch ein bisschen nach links… stopp… jetzt leicht nach rechts…“.
Man merkte, dass er innerlich schon sah, wie sein frisch erworbenes Schätzchen einen ungewollten Kratzer abbekommt – und dass er das um jeden Preis verhindern wollte.
Ich zog gefühlt im Schneckentempo das Auto in den Hänger, um nicht die Kotflügel an den Bordwänden des Hängers zu schrammen. Das Ganze wirkte wahrscheinlich wie eine Mischung aus Präzisionsarbeit und Nervenspiel – mit Christoph als besorgtem Dirigenten am Rand.
Nach einigen Minuten, konzentrierten Blicken und vielleicht ein, zwei angehaltenen Atemzügen war es dann geschafft: Der Morgan stand fest verzurrt auf dem Hänger, und wir konnten beide durchatmen.
Ein italienischer Zwischenfall
Auf der Rückfahrt gab’s noch eine ungewollte Einlage: Wir mussten auf der rechten Spur kurz anhalten, weil ein Rechtsabbieger blockierte. Ein italienischer Motorradfahrer mit Sozia meinte, er könne noch schnell an uns vorbei.
Er blieb am linken hinteren Hänger-Rücklicht hängen, flog samt Maschine und Beifahrerin dahin. Rums!
Ich stieg aus, half beim Aufrichten des Motorrads und wir sammelten die Teile ein. Der Seitenkoffer des Motorrad war abgerissen, die Gummiumrandung meines Lichtkastens beschädigt – sonst nichts. Wir ließen es dabei. Sein Schaden und Schrecken war ohnehin schon groß genug.
TÜV, dann Premiere als Beifahrer
Jetzt steht der Morgan in meiner Garage – bereit für die TÜV-Prüfung (was die Nachbarwerkstatt macht). Ende der Woche sollte er auf die Straße kommen. Und dann?
Ich bin garantiert einer der ersten Beifahrer. Und ich freue mich schon jetzt auf jede einzelne Kurve.
